Die kleine Maja erschrak sehr und drehte sich rasch um.
„Nein,“ sagte sie, „bestimmt nicht!“
Neben ihr saß eine kleine braune Halbkugel mit sieben schwarzen Punkten darauf. Unter dieser rotbraunen Kuppel, die übrigens prächtig glänzte, sah man ein winziges schwarzes Köpfchen, in dem zwei helle Äuglein funkelten, und nun erkannte Maja auch die dünnen Beinchen, die, fein wie Fäden, unter der punktierten Kuppel hervorschauten und sie so gut trugen als sie eben konnten. Dieser kleine Dicke war es, der Maja angerufen hatte. Trotz seiner seltsamen Gestalt gefiel er der Biene ausgezeichnet, er hatte etwas gradezu Anmutiges.
„Wer sind Sie nur?“ fragte sie, „ich selbst bin Maja, vom Volk der Bienen.“
„Wollen Sie mich beleidigen?“ fragte der Kleine. „Dazu liegt kein Grund vor, das merken Sie sich.“
„Aber wie sollte ich dazu kommen?“ fragte die kleine Maja ganz erschrocken, „ich kenne Sie in der Tat nicht.“
„Das kann jeder sagen“, meinte der Dicke. „Nun, ich will Ihrem Gedächtnis nachhelfen. Zählen Sie.“ Und der Kleine begann sich langsam umzudrehn.
„Soll ich Ihre Punkte zählen?“
„Ja, bitte schön“, sagte der Käfer.
„Es sind sieben Punkte“, sagte Maja.
„Nun?“ fragte der Käfer, „also? Sie wissen es immer noch nicht? So will ich es Ihnen sagen. Ich heiße genau so, wie sich nachzählen läßt. Ich gehöre zur Familie der Siebenpunkte, heiße Alois und bin meines Zeichens Dichter. Die Menschen nennen mich auch Marienkäfer. Das ist ihre Sache. Aber das wissen Sie ja jedenfalls.“
Maja wagte nicht nein zu sagen, denn sie fürchtete Alois zu kränken.
„O,“ sagte Alois, „ich lebe vom Sonnenschein, vom Frieden des Tages und von der Liebe der Menschen.“
„Aber essen Sie denn nichts?“ fragte Maja überrascht.
„Doch, Blattläuse. Sie nicht?“
„Nein,“ sagte Maja, „das ist doch ...“
„Was ist es denn? Wie?“
„Es ist nicht üblich“, sagte Maja schüchtern.
„Natürlich!“ rief Alois und versuchte die eine Schulter hochzuziehen, was ihm aber wegen seiner festen Kuppel nicht gelang, „Sie tun als Bürgerliche selbstverständlich nur das, was üblich ist. Damit kämen wir Dichter nicht weit. Haben Sie Zeit?“
„Doch,“ sagte Maja, „gewiß.“
„Dann werde ich Ihnen eine Dichtung vortragen. Sitzen Sie still und schließen Sie die Augen, damit die Umgebung Sie nicht stört. Das Gedicht heißt ‚Der Menschenfinger‘. Es ist ein persönliches Erlebnis und von mir. Hören Sie?“